Laotse gilt als Begründer des Taoismus. Über sein Leben ist wenig bekannt, vermutlich hat er im 6. Jahrhundert vor Christus gelebt. Sein bis heute überliefertes Werk Tao Te King soll er der Legende nach im Alter auf dem Weg ins Ausland geschrieben haben, als es ihm im Staate Chu zu unruhig wurde. Beinahe hätte er seine Weisheit für sich behalten. Es brauchte einen Türöffner…
Bertolt Brecht, der Meister der Einfachheit, hat die Begebenheit in wundervollen, schlichten Versen vertont:
Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration
1
Als er siebzig war und war gebrechlich
Drängte es den Alten doch nach Ruh
Denn die Güte war im Lande wieder einmal schwächlich
und die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu.
Und er gürtete den Schuh.2
Und er packte ein, was er so brauchte:
Wenig. Doch es wurde dies und das.
So die Pfeife, die er immer abends rauchte
Und das Büchlein, das er immer las.
Weißbrot nach dem Augenmaß.3
Freute sich des Tals noch einmal und vergaß es
Als er ins Gebirg den Weg einschlug.
Und sein Ochse freute sich des frischen Grases
Kauend, während er den Alten trug.
Denn dem ging es schnell genug.4
Doch am vierten Tag im Felsgesteine
hat ein Zöllner ihm den Weg verwehrt:
„Kostbarkeiten zu verzollen?“ – „Keine.“
Und der Knabe, der den Ochsen führte sprach: „Er hat gelehrt.“
Und so war auch das erklärt.5
Doch der Mann in einer heitren Regung
fragte noch: „Hat er was rausgekriegt?“
Sprach der Knabe: „Dass das weiche Wasser in Bewegung
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt.
Du verstehst, das Harte unterliegt.“6
Dass er nicht das letzte Tageslicht verlöre
Trieb der Knabe nun den Ochsen an
Und die drei verschwanden schon um eine schwarze Föhre
Da kam plötzlich Fahrt in unsern Mann
Und er schrie: He du! Halt an!“7
„Was ist das mit diesem Wasser, Alter?“
Hielt der Alte: „Interessiert es dich?“
Sprach der Mann: „Ich bin nur Zollverwalter
Doch wer wen besiegt, das interessiert auch mich.
Wenn Du‘s weißt, dann sprich!8
Schreib mir‘s auf! Diktier es diesem Kinde!
So was nimmt man doch nicht mit sich fort.
Da gibt‘s doch Papier bei uns und Tinte
Und ein Nachtmahl gibt es auch: ich wohne dort.
Nun, ist das ein Wort?“9
Über seine Schulter sah der Alte
Auf den Mann: Flickjoppe. Keine Schuh.
Und die Stirne eine einzige Falte.
Ach, kein Sieger trat da auf ihn zu.
Und er murmelte: „Auch du?“10
Eine höfliche Bitte abzuschlagen
War der Alte, wie es schien, zu alt.
Denn er sagte laut: „Die etwas fragen
Die verdienen Antwort.“ Sprach der Knabe: „Es wird auch schon kalt.“
„Gut, ein kleiner Aufenthalt.“11
Und von seinem Ochsen stieg der Weise
Sieben Tage schrieben sie zu zweit.
Und der Zöllner brachte Essen (und er fluchte nur noch leise
Mit den Schmugglern in der ganzen Zeit).
Und dann war‘s soweit.12
Und dem Zöllner händigte der Knabe
Eines Morgens einundachtzig Sprüche ein.
Und mit Dank für eine kleine Reisegabe
Bogen sie um jene Föhre im Gestein.
Sagt jetzt: Kann man höflicher sein?13
Aber rühmen wir nicht nur den Weisen
Dessen Name auf dem Buche prangt!
Denn man muss dem Weisen seine Weisheit erst entreißen.
Darum sei der Zöllner auch bedankt:
Er hat sie ihm abverlangt.
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Am 24. 12.2016 wird der Name des Gewinners hier auf medienkanzler.net veröffentlicht. Viel Glück!
Morgen geht es weiter im Adventskalender mit Türe #16.
Meine Schränke scheinen manchmal nicht halb soviel als Deine zu enthalten.
Brecht. Tsetsetse. Bei dem hab auch ich noch viel zu entdecken.
Bertolt Brecht, diese große Schriftsteller, so unbequem wie er war, so recht hatte er…