
Es ist nicht einmal ein Menschenleben her, da wurden in diesem Land Massen mobilisiert, um Andersdenkende als Volksverräter niederzubrüllen und niederzuknüppeln. Das vermeintliche Volk machte sich schuldig und hinterließ den kommenden Generationen ein furchtbares Erbe.
Wir wissen bis heute nicht, wie viele mitgelaufen sind, und wie viele einfach nur geschwiegen und zugesehen haben. Auch von den Mutigen, die sich der braunen Flut in den Weg gestellt haben, sind wahrscheinlich nur die wenigsten bekannt. Sie verdienen unseren Respekt.
In dieser finsteren Zeit schrieb der Meister der Einfachheit, Bertolt Brecht, sein ebenso schlichtes wie verstörendes Gedicht „An die Nachgeborenen“. Es ist sein Vermächtnis an uns. Unter anderem heißt es dort:
Aus: Bertold Brecht, An die Nachgeborenen:
III
Ihr, die Ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn Ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit,
Der ihr entronnen seid.
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.Dabei wissen wir doch:
Auch der Hass gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach wir,
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unserer
mit Nachsicht.
Die mahnenden Worte gelten uns. Wir sind die Nachgeborenen.
Ja, es gibt viel Hilfsbereitschaft. Es sind viele Menschen, die Schutz suchenden und benachteiligten Menschen ein Helfer sind. Aber es gibt wieder zu viel Unrecht. Zu viel „völkische“ und zu wenig aufrichtige Empörung.
Wir sind die Nachgeborenen. Wenn wir versagen, haben wir keine Nachsicht verdient.
Ein Kommentar zu „Keine Nachsicht mit den Nachgeborenen“