Fish & Chips


Quelle: pixelio.de Fotograf tommyS © Digitalfotovision
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„Today’s News is tomorrows fish ’n chips paper“, sagt ein englisches Sprichwort. Die Zeitung von heute hat schon morgen keinen Nachrichtenwert mehr. Im Internetzeitalter ist die Halbwertzeit von Nachrichten noch viel kürzer. Die Verbreitung über das Web erfolgt in Gedankenschnelle. Kein Drucktermin. Kein Setzen. Tippen. Sichten. Fertig. Los!

Gleichzeitig wächst mit dem Internet ein Archiv heran, das die Menschheit noch nicht gekannt hat. Während alte Nachrichten früher in den Kellern der Verlagshäuser schlummerten und sonst die Altpapiercontainer füllten, stapelt sich im Netz Petabyte auf Petabyte. Laut Wikipedia beträgt das tägliche Datenaufkommen mehr als 415 Petabyte. Das entspricht der tausendfachen Datenmenge aller Bücher, die jemals in jeder Sprache auf der Welt geschrieben wurden, ist dort zu lesen.

Ein solches Archiv hat die Menschheit noch nie besessen. Das Wissen der Welt wird dort gesammelt. Das versuchen Bibliothekare, Archivare und Wissenschaftler seit Jahrtausenden. Und immer wieder gehen Schätze von unvorstellbarem Wert verloren. Die Bibliothek von Alexandria. Die Anna Amalia Bibliothek. Das Kölner Stadtarchiv. Handschriften. Zeichnungen. Drucksachen. Bücher.

Wird das Internet unser Wissen bewahren? Unsere trivialen Nachrichten? Unsere dunklen Triebe? Unsere bewegenden Momente? Unser Ringen mit den brennenden Fragen der Welt? Klimawandel? Soziale Gerechtigkeit? Freiheit und Demokratie? Technologie und Innovation? Oder wird es in sich zusammenstürzen, unwiderruflicher als jedes Archiv zuvor? Werden künftige Generationen von seinem Wissen profitieren, oder schlicht nicht mehr über die nötige Technologie verfügen?

Die Hieroglyphen der Ägypter können wir nach tausenden von Jahren noch entziffern. Glauben wir zumindest. Auch die Keilschrift der Sumerer und Babylonier. Das Gedächtnis Chinas reicht Jahrtausende zurück. Auf Papier. Was wenn die alten Ägypter digitale Technik oder etwas Vergleichbares verwendet hätten? Könnten wir es heute noch entschlüsseln? Wüssten wir überhaupt, dass es existiert? Wer wird in tausend Jahren noch des Internet entschlüsseln können? Wird es dann das Gedächtnis der Menschheit sein? Oder sind die vielen großen und kleinen Nachrichten angesichts papierloser Büros, Archive und Bibliotheken irgendwann verloren?

Wir werden es nicht mehr erfahren. Außer uns geht zu Lebzeiten noch der Strom aus. Oder Naturkatastrophen zerstören die Infrastruktur. Letzten Endes bleibt das Netz aber ein filigranes Gebilde, von dem niemand weiß, wie lange wir es aufrecht erhalten können. Die meisten Generationen haben geglaubt, ihre Kultur bestehe für die Ewigkeit, zumindest haben sie so gelebt. Die Geschichte lehrt, dass die meisten einer Illusion erlegen waren. Was wird also eines Tages von der Informationsgesellschaft übrig bleiben? Wer wird unser Wissen bewahren? Und wen wird es interessieren? Twittern für die Ewigkeit? Eine Kulturgeschichte auf 140 Zeichen?

Vielleicht haben die gedruckten  Zeitungen irgendwann wieder bessere Überlebenschancen als die News im Web. Vielleicht. Auf jeden Fall sind sie nach ihrem Verfalldatum noch zu etwas nutze. Sie halten die Pommes und den Fisch warm. Anschließend fragt kaum noch jemand danach.

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